Wirtschaftsverkehre

Die Attraktivität der Innenstädte im Norden muss kontinuierlich gesteigert werden. Das ist das gemeinsame Ziel von Politik und Wirtschaft. Während die private Wirtschaft unter anderem in Immobilien und Handelskonzepte investiert, bleiben die Investitionen der öffentlichen Hand in Plätze, Wege und Straßen häufig hinter den Erwartungen zurück. Zeitgleich forciert die Politik eine sogenannte Mobilitätswende, die regelmäßig versucht, das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs attraktiver zu machen und den Autoverkehr drastisch zu reduzieren oder gar auszuschließen. Der norddeutsche Handel bringt sich in diese Prozesse aktiv ein. Lebendige Innenstädte leben von einer guten Erreichbarkeit, stadtbildprägenden Handelskonzepten, vielfältiger Gastronomie, ansprechender Kultur und einer funktionierenden, modernen Infrastruktur. Und natürlich von den Menschen, die die Innenstädte besuchen, dort einkaufen, sich unterhalten und dort wohnen.

Aus diesem Grund ist es unerlässlich, bei der Reduzierung des Autoverkehrs die Belange von Wirtschaft und Verbrauchern fest im Blick zu behalten. Bei politischen Diskussionen und Entscheidungen fallen vor allem die Wirtschaftsverkehre häufig aus dem Blick. Das ist fatal, denn damit Einzelhändler, Gastronomen, Hoteliers, Theater und alle weiteren städtischen Akteure versorgt werden können, müssen Lieferanten, liefernde Großhändler und Handelsvertreter, Logistiker, Handwerker, haushalts- sowie unternehmensnahe Dienstleister ihre Kunden erreichen können. Wirtschafts- und Lieferverkehre sorgen dafür, dass es in der Stadt läuft. Sie müssen sich frei und ohne willkürliche Einschränkungen bewegen können. Dabei sind sie offen für technische Innovationen und umweltschonende Mobilität, wo immer dies möglich und wirtschaftlich vertretbar ist.

In der norddeutschen Metropole Hamburg verschärft sich die Lage zunehmend. Der Wirtschaftsverkehr macht dort ca. 30 Prozent des innerstädtischen Straßenverkehrs aus. [1]  Deshalb hat sich dort bereits ein in Deutschland einmaliges Bündnis für die Wirtschaftsverkehre gebildet. [2] 
NORDHANDEL unterstützt als Vereinigung norddeutscher Handelsverbände diese Initiative für Wirtschaftsverkehre und unterstreicht die Absicht, in einem konstruktiven Dialog die Liefer- und Wirtschaftsverkehre als Lebensader der innerstädtischen Wirtschaft zu stärken.

NORDHANDEL fordert:

  • dass die Erreichbarkeit der Innenstadt für alle Gewerbetreibenden, Handwerker und Dienstleister gewährleistet bleibt,
  • dass dem Liefer- und Wirtschaftsverkehr gesonderte Serviceparkplätze, Zonen zum Be- und Entladen sowie Mikro-Depots in der Innenstadt bereitgestellt werden,
  • dass der innerstädtische Verkehrsfluss bestmöglich durch optimale Verkehrsinformationen sichergestellt wird,
  • dass auch außerhalb der üblichen Lieferzeiten besondere Dienstleistungen wie Handwerkerarbeiten, Verkaufsbesuche sowie Umzüge möglich sind und die Mitarbeiter den Einsatzort mit dem Firmenwagen erreichen können.
  • dass durch die Gewährleistung von Wirtschaftsverkehren und moderner Infrastruktur die Wohnqualität in den Innenstädten erhöht wird. 

Wirtschaftsverkehre im Blick behalten und Erreichbarkeit sichern

Damit Gewerbetreibende und Dienstleister auch künftig ungehindert arbeiten können, müssen sie sich auf einen reibungslos funktionierenden Liefer- und Wirtschaftsverkehr verlassen können. Sie müssen in der Lage sein, die Geschäftspartner in der Innenstadt direkt zu erreichen. Dafür ist der Zugang zu entsprechenden Parkmöglichkeiten essenziell.
Deshalb müssen für die Gewerbetreibenden in den Innenstädten auch besondere Zonen eingerichtet bleiben oder - wo nötig - geschaffen werden, wo sie unmittelbar bei ihren Kunden be- und entladen sowie arbeiten können. Serviceparkplätze für Dienstleistungen im Innenstadtbereich müssen erhalten bzw. geschaffen werden, um die Erreichbarkeit der Kundschaft zu sichern. Des Weiteren sollten sogenannte Mikro-Depots in die infrastrukturelle Planung der Innenstädte integriert werden, damit Lieferdienste ihre Kunden noch zielgerichteter und logistisch einfacher erreichen. Zugleich tragen Mikro-Depots zu einer verbesserten Verkehrssituation in den Innenstädten bei, da von diesen aus Fahrradkuriere und Lastenräder bestückt werden können.

Verkehrsfluss optimieren und besondere Dienstleistungen ermöglichen

Der Gesamteindruck von durch Autos überfüllten Innenstädten verstärkt sich häufig durch Staus und ausufernden Suchverkehr für Parkplätze. Diesem Problem muss mit besserer Verkehrsinformation begegnet werden. Hierzu sind insbesondere digitale Möglichkeiten wie smart parking, intelligente Ampelschaltung und frei verfügbare Verkehrs-Echtzeitdaten für Navigations-Apps zu nutzen, um den Zentrumsverkehr zu minimieren. Zusätzlich muss ein solides und kluges Baustellenmanagement, das eine optimale Information über aktuelle und künftige baustellenbedingte Verkehrsleitungen beinhaltet, für Stauminimierung sorgen.

Über all die Bestrebungen, den Verkehr in den Innenstädten zu reduzieren, muss es möglich bleiben, besondere Dienstleistungen auch im Stadtzentrum anzubieten. Besonders die durch Handwerker erbrachten Dienstleistungen sowie Umzüge o.ä. müssen auch außerhalb der allgemein gültigen Lieferzeiten möglich sein. Hierbei ist sicherzustellen, dass etwaige Genehmigungen bürokratiearm und kurzfristig erteilt werden.

Hohe Wohnqualität und moderne Infrastruktur erreichen

Die Innenstädte verändern sich wegen eines anhaltenden Strukturwandels stark. Das bedeutet auch, dass - bedingt durch diese Veränderung - mehr Raum zum Wohnen geschaffen werden muss, was zu einer sichtbaren Steigerung der Lebendigkeit unserer Innenstädte führt. Damit dies gelingt, sollte ein Fokus darauf liegen, die Zentren zu attraktiven Wohnvierteln zu gestalten.
Für die gesamte Bevölkerung gilt, dass eine moderne Infrastruktur ein wesentlicher Grund für die Wahl des Wohnorts ist. Wir unterstützen daher Bestrebungen, eine moderne Infrastruktur in den Innenstädten zu implementieren, die die Erreichbarkeit weiter steigert. Von autonom und smart gesteuertem ÖPNV und Individualverkehr bis hin zu umweltschonenden Konzepten mit E-Lkw samt entsprechenden Ladestationen ist die Bandbreite der Möglichkeiten groß.
Innenstädte sind nicht zuletzt für ältere Menschen ein hoch attraktiver Wohnort, da sie dort nur kurze Strecken zurücklegen müssen, um die Orte ihres täglichen Bedarfs aufzusuchen. Besonders für diese Bevölkerungsgruppe ist es jedoch unerlässlich, dass soziale Dienste wie Pflegekräfte in der Lage sind, sie mit den vorhandenen Verkehrsmitteln unkompliziert und ohne Hindernisse schnell zu erreichen.

Aus diesen Gründen ist NORDHANDEL überzeugt, dass die ausreichende Berücksichtigung der Wirtschaftsverkehre ein wesentlicher Schlüssel für die Zukunft moderner Innenstädte ist.

Weitere Informationen:

[1] Vgl. Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft zwischen der SPD, Landesorganisation Hamburg und Bündnis 90/Die Grünen, Landesverband Hamburg: https://www.hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/verkehr/
[2] Zu dem Bündnis gehören: AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel - Außenhandel - Dienstleistung e.V., Handwerkskammer Hamburg, Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH), Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), CDH im Norden – Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb, Fachvereinigung Möbelspedition, Umzugslogistik und Relocation Hamburg (FAMÖ), Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. (ASW), vgl. https://www.aga.de/presse/detail/wirtschaftsverkehr-in-hamburg-wir-halten-die-stadt-am-laufen-forderungen-an-den-kuenftigen-senat/